Die früheren Reeser Schützengilden
Vorgänger unserer heutigen Schützenvereine
„FREIHEIT“ war der wesentliche Bestandteil des alten Reeser Stadrechtes. Der Ursprung der Reeser Schützengilden fällt ohne Zweifel mit der im Jahre 1228 unter Erzbischof Heinrich von Molenark erfolgten Stadterhebung und der damit verbundenen Verpflichtung zur Befestigung und Verteidigung unserer Vaterstadt zusammen. Während vor der Stadterhebung die Verteidigung der bereits befestigen Ortschaft dem Ritter von Rees oblag, wurde diese nun eine echte Bürgerpflicht. Verantwortlich für die Befestigungswerke war der Magistrat noch bis Anfang des 17. Jahrhunderts.
Jeder wehrfähige Mann mußte sich nun in den damaligen Waffen üben und zu eben diesem Zwecke bildeten sich die Schützengilden.
Auf den „Schießbahnen“ suchte sich jedem beim Schießen nach der Scheiber hervorzutun. Wie oft mußten die Reeser Bürger in den unruhigen Zeiten des 13. Jahrhunderts zur Verteidigung auf die Stadtwälle, oder mußten städtische Fähnlein außerhalb der Stadt fehdelustige klevische Ritter vertreiben. Ihre Hauptwaffe war die von den Rittern verschmähte Armbrust.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Verfügung des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden, der bereits 1240 den Reeser Bürgern das Vorrecht einräumte, daß sie nur bis 4 Meilen vor der Stadt Heeresfolge zu leisten brauchten.
In den ruhigen Zeiten wurden alljährlich Schützenfeste abgehalten, welche für die Bürger bald dieselbe Bedeutung gewannen wie die Turniere der Ritter.
Ob die Reeser Schützengilden ursprünglich schon eine gschlossene Körperschaft bildeten oder ob sie nur zu Übungen und Festlichkeiten und in Zelten der Gefahr zusammentraten, läßt sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Vermutlich waren sie aber schon vor 1473 Gesellschaften mit Statuten. Dechant Arnold Heymerick aus Xanten erwähnt in seiner berühmten Schilderung über die am 20. August 1464 stattgefundene „Viktorstracht“ auch die Teilnahme eines „ansehnlichen Kontingents Reeser Schützen“ an der Festprozession vom Dom zum Fürstenberg.
Die Bürgerschaft unserer Stadt war in drei Sendschaften eingeteilt: Die Oberländer-Sendschaft, Die Dellstraßen- und Rheinstraßen-Sendschaft. Für jede Sendschaft bestand eine Gilde.
Dem christlichen Zeitgeist entsprechend stellten sich die Gilden unter den Schutz eines Patrones und nahmen gemeinsam teil an kirchlichen Festen und Prozessionen. Vielfach hatten die Gilden in der Kirche einen Altar, der dem Gildepatron geweiht war.
Die älteste Nachricht über das Bestehen einer Schützengilde ist uns von der HL. GEIST-GILDE der Oberländer-Sendschaft überliefert. In einer Urkunde aus dem Jahre 1449, am Dienstag nach Maria-Himmelfahrt, verzichten die Gildemeister der Hl. Geist-Hilde, nämlich Johann v. den Born, Jhann Konnynk und Nold Rogen vor dem Bürgermeister Arnt van Ryswick zu Rees, zum Frommen der Liebfrauenmesse, die Sonntags auf dem Herrn Bernt’s-Altar von Holt gesungen wird, auf eine Reihe von Erbrenten. Weitere Erwähnung findet diese Gilde nur noch in Urkunden von 1529 und 1588.
Die St. Sebastians-Gilde
Auch die St. Sebastians-Gilde stammt aus dem Mittelalter. Sie bestand in der Dellstraßen-Sendschaft. Laut Eintragung im Gildebuch wurde sie zwar erst 1536 gegründet, sie muß jedoch älter gewesen sein, denn im Nachlaß der Gilde befinden sich Urkunden von 1530 und 1487, in denen der Name der Schützengilde bereits genannt wird.
Mit der Vervollkommung und allgemeinen Einführung der Schießbüchsen erhoben sich nun vielfach Streitigkeiten in Bezugauf den ferneren Bebrauch der alten Bürger- und Schützenwaffe, der Armbrust. Schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts scheint diese Frage zu Gunsten der Büchse entschieden zu sein. Eine klevische Anordnung vom 22. April 1569 besagt: „Damit jedoch die Untertanen mit dem Gebrauch der Schußwaffen in diesen gefährlichen Zeiten vertraut bleiben, sollen in den Städten und Dörfern die Doelen (Vogelstangen) wieder aufgerichtet und an Feiertagen und nach dem Gottesdienst oder sonst noch jeden Orts mit langen Röhren Schießübungen angestelltw werden.“
Infolge diese gefährlichen Zeiten und krigerischen Verwicklungen im Herzogtum Kleve, wovon auch die Stadt Rees nicht verschont blieb, war das Feiern ovn Schützenfeste jahrelang verboten.
Erst im Jahre 1609 gestattete der Reeser Magistrat wieder die Abhaltung einer solchen Feier.
Schon während der holländischen Besatzungszeit (1614-1672) wurden die Schützen in der Ausübung ihrer wichtigsten Vorrechte, der Verteidigung der Stadt, durch die Besatzer abgelöst, und so sanken sie mit dem Fortfall ihres ursprünglichen Zweckes schon bald zu einer einfachen Vergnügungsgesellschaft herab. Das Haupt-Vogelschießen der St. Sebastians-Gilde fand in frührer Zeit jährlich am Dreifaltigkeitssonntag statt und gestaltete sich immer mehrzu einem wahren Volksfest. Diese Feste waren dem sparsamen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm von Preußen ein Dorn im Auge und mit Dekret vom 18. Mai 1727 verbot er die Abhaltung von Schützenfesten und verfügte sogar die Aufhebung aller Gilden mit der Begründung: „Schützenspiel ist Müßiggang!“
Die Reeser Gilden scheinen sich um dieses Verbot wenig gekümmert zu haben, denn am 13. Juni 1733 marschiert die St. Sebastians-Gilde „mit völligem Gewehr, Fahn, Trommel und auch Spielleuten in ordre mit großem Triumph aus der Dellpoort nach dem Schießplatz, allwo der alte Fahnenjunker Derk Mostert den Preyss als König mit dem Schuß davongetragen“.
Im Jahre 1735 kam es sogar zu einem ernsthaften Konflikt zwischen dem Magistrat und der Schützengilde. Der Anlaß hierzu war die geschlossene Teilnahme der Sankt Sebastianer und der anderen Schützengilden bei der Einführungsfeier für den neuen probst sowie die Ausschmückung der Straßen und die Stellung des Ehrengeleites bei der Fronleichnamsprozession.
Alle Anstrengungen des Magistrats, dem königlichen Verbot Respekt zu verschaffen, blieben erfolglos. Die Mitglieder der Jungschützen-Kompanien hatten es geradezu darauf abgesehen, dem allzu königstreuen Magistrat Schwierigkeiten zu bereiten. Um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gewährleisten zu können, forderte der Magistrat im folgenden Jahr für die Dauer der Sakramentsprozession von der Garnison Wesel eine Kompanie Soldaten an zur Absicherung der Stadt.
An all diesen Ausschreitungen war auch die „Estersche Junggesellen-Schützenkompanie nicht ganz unbeteiligt. Im Jahre 1798 sahen sich nach einer königlichen Verfügung die Reeser Schützengilden zur Auflösung gezwungen. Bestehen blieb lediglich die 1769 aus der Sankt Sebastianus-Gilde hervorgegangene Bruderschaft, deren Mitglieder sich nur einer karitativen Tätigkeit widmeten.
Die St. Georgs-Schützengilde
Als dritte Gilde bestand in Rees die St. Georgs-Schützengilde. Sie war der Rheinstraßen-Sendschaft zugehörig, doch sind in einem aufgefundenen Mitgliederverzeichis auch Personen aus Hueth, Sonsfeld, Groin und Bergswick aufgeführt.
Wie aus dem Ratsprotokoll vom 10.08.1667 zu ersehen, wurde aus Anlaß der Huldigungsfeier für die Kurfürstin Henriette von Brandenburg vom Magistrat eine Kompanie Jungschützen der Sankt Georgs-Gilde unter Beteiligung der Bergswicker, Polldyck’schen und Hagewicker Jungschützen als Ehreneskorte bestimmt.
Der Vorstand der St. Georgs-Gilde bestand aus dem Major, dem Hauptmann, den Leutnants, Sergeanten, den Fahnenjunkern oder Fänrichen und den Gildemeistern. Die Ersteeren hatten dir Ordnung in der Gilde aufrecht zu erhalten, Übertretungen zu bestrafen und das Vermögen der Gilde zu überwachen. Dem Gildemeister oblag die Organisation bei der Feier des Sankt Georgs-Tages. Insbesondere hatte er für Essen und Trinken bei der Feier zu sorgen. Der Gildemeister wurde stets zwei Jahre im voraus gewählt. Am St. Georgs-Tage, 25. April, oder wenn dieser Tag in die Karwoche, auf Ostern oder überhaupt auf eine ungelegene Zeit fiel, an einem anderen Tage wohnten die Gildebrüder in der Pfarrkirche iener heiligen Messe bei. Anschließend versammelten sie sich in einem Reeser Gasthof, wo Rechnung gelegt wurde. Desweiteren wurde das Jahresprogramm durchberaten und festgelegt. Zu diesen Versammlungen waren anscheinend auch die Frauen eingeladen, denn es heißt ausdrücklich in den Statuten: Der Gildemeister hat für das Getränk der Schützenbrüder Bier und der Schützenschwestern Branntwein zu sorgen.
Am 24. Mai 1760 wurde folgendes Schützenfest-Regiment beschlossen:
I. Es werden ausgeschossen:
1. ein silberner Pokal
2. ein Paar Handschuhe
3. ein Paar Handschuhe
Der Erringer des 1. Preises ist gleichzeitig König. Er ist verpflichtet, den Gildebrüdern 1/2 Anker Wein zu stiften. Weitere Spenden sind dem König freigestellt.
II. soll sich keiner gelüsten lassen, Offizier oder Gemeiner, durch Schimpfen oder Stichelreden gegen seine Mitbürder Friede und Einigkeit zu stören.
III. Beim Ein- und Ausziehen oder sonstigen Zügen soll es sich niemand einfallen lassen, innerhalb der Stadt sein Gewehr abzuschießen, damit man sich nicht gegen die Allergnädigst verordneten königlichen Edikte vergehe und schwere Strafen und Verdrießlichkeiten sich zuziehe.
IV. Niemand darf mit einer gezogenen Büchse nach der Scheibe schießen.
V. Keiner ist ermächtigt, Bier oder andere Getränke, welche der Bruderschaft gehören, aus dem Rekreationszimmer zu bringen oder Fremde in die Stube einzuführen, ohne vorher die Erlaubnis der Bruderschaft eingeholt zu haben.
Jedes Vergehen wird entsprechend bestraft. Vor dem Ausziehen zur Scheibe werden die Satzungen durch den Sekretär bekanntgemacht.
In der Pfarrkirche zu Rees steht eine fast lebensgroße Schnitzgruppe des drachentötenden Hl. Georg mit der knieenden Königstochter, ein Kunstwerk der Kalkarer Schnitzschule um 1530. Wahrscheinlich hatte das Bildnis seinen Platz ehemals in der St. Georgs-Kapelle in der Fledmark an der Weseler Straße. Diese Kapelle wurde wegen Baufälligkeit gegen Ende des 16. Jahrhunderts abgebrochen. Die Schnitzgruppe erhielt einen Ehrenplatz in der fünfschiffigen Stiftskirche. Ob diese Skulptur eine Beziehung zu der St. Georgs-Gilde hatte, ist nicht bekannt.
Diese Gilde wurde 1798 durch königliche Verfügung ebenfalls gezwungen, sich aufzulösen. Auch hier widmeten sich fortan einige Mitglieder der Bruderschaft, die aus der Gilde hervorgegangen war, karitativen Aufgaben.
Die letzten Mitglieder deiser Bruderschaft – alle waren Feldmärker – fanden sich noch bis zum Ende des zweiten Weltkrieges jeden Sonntagmorgen in der Kirche zum gemeinsamen Gebet zusammen.
Die Schützengilden waren gestorben – das Schützenleben in Rees war dahin. Doch schon bald nach Beendigung der Freiheitskrige – am 24. Oktober 1833 – bildete sich im Reeser Stadtkern unter Zustimmung der Ortsbehörde ein neuer Schützenverein – der „Bürgerschützenverein Rees“. In der damals dünnbesiedelten Feldmark war eine solche Möglichkeit noch nicht gegeben.
Gründung und Anfangsjahre des Feldmarker Schützenvereins
Der erste Weltkrieg war zu Ende. Auch die Reeser Kriegsteilnehmer kehrten in ihre Heimat zurück. Vielen jedoch war diese Heimkehr versagt. Sie ruhten als Opfer dieses unseligen Krieges in fremder Erde und wurden von ihren Angehörigen daheim vermiß und betrauert.
Für alle Heimkehrer begann nun nach jahrelangem Schützengraben-Dasein eine Umstellung ins Zivilleben. Die verheirateten Väter wurden schon gleich mit der großen Not in der Heimat konfrontiert. Kräftiges Zupacken war überall gefragt. Die jungen und noch ledigen Kriegsteilnehmer fanden sich häufig in kameradschaftlichen Runden wieder, wo sie im fröhlichen Beisammensein die Unbilden der letzen Jahre möglichst schnell vergessen wollten.
Überall kam es zu Gründungen von Junggesellen-Clubs. Da wollte man auch hier in der Feldmark nicht zurückstehen. Uner der Devise: „Gemeinschaft und Kameradschaft“ konstituierte sich der Junggesellen-Club „Lustige Brüder“. Während nun in den umliegenden Gemeinden diese Clubs längst in Vergessenheit geraten sind, kamen die Feldmarker Jung’s auf einen guten Gedanken. Sie wollten etwas Dauerhaftes schaffen. Und so reifte bei ihnen der Plan zur Gründung eines Schützenvereins in der Feldmark. Inzwischen waren auch die älteren Feldmarker hellhörig geworden und zeigten großes Interesse an der Verwirklichung deses Vorhabens.
Die Gründungsversammlung fand am 21. August 1921 im Lokale Holzum statt. Hier wurde Schreinermeister Heinrich Opsölder (Hän Penn) mit der Vereinsführung betraut. Ihm zur Seite standen Hermann Focke, Cornelius Postulart und Fritz Möllenbeck als Schriftführer. Der Verein gab sich den Namen „Allgemeiner Schützenverein Rees-Feldmark, Groin und Bergswick“. Die damals um sich greifende Geldentwertung erschwerte schon gleich beim Start des jungen Vereins eine geordnete Geschäftsführung. Das hier festgesetzte Eintrittsgeld von 10,- RM und der Mitgliedsbeitrag von 20,- RM pro Jahr waren für damalige Verhältnisse horrend hoch.
So wurde denn auch das Gründungsfest am 23. Oktober 1921 im Saale Bettray im bescheidenen Rahmen gefeiert. Bei dem durchgeführten Preis-Vogelschießen wurde Josef Jansen erste König des Feldmarker Schützenvereins. Nun geschah jedoch etwas, was für dieses Jahr noch nicht vorgesehen war. Der neue König wünschte sich eine Königin an seiner Seite und einen vollständigen Thron, wobei er auf eine finanzielle Beisteuerung seitens des Verein verzichtete.
Gern kam der Vorstand diesem Wunsche nach und so wurde Paula Kronenberg, seine spätere Gattin, auch erste Königin im Verein. Der damals noch junge Schützenkönig – ein glühender Schützen-Idealist – hat bis zu seinem Tode die wechselvolle Geschichte des Vereins maßgebend mitgestaltet.
Am 27. und 28. Mai 1922 feierte der Verein sein erstes Stiftungsfest. Inzwischen hatte sich auch ein stattlicher Reiterzug gebildet, welcher unter Rittmeister Heinrich Hübers die Festzüge anführte. Schützenkönig wurde der Vereins-Präsident Heinrich Opsölder – seine Königin Frau Johanna Vennemann. Der Verein zählte mittlerweile bereits 270 Mitglieder.
In der Generalversammlung am 25. Juni 1922 wurde der erste amtierende Vereinsvorstand gewählt. Er setzte sich danach wie folgt zusammen:
1. Vorsitzender | Heinr. Opsölder |
Stellvertretender | Theodor Arts |
Schriftführer | Fritz Möllenbeck |
Kassierer | Friedrich Tekaat |
Major | Hermann Focke |
Hauptmann | Josef Jansen |
Rittmeister | Heinrich Hübers |
Adjudant | Heinrich Roßmüller |
Adjudant | Jakob Mölders |
Adjudant | Wilhelm Hülsen |
Beisitzer | W. Schullenberg |
Beisitzer | Heinrich Bleckmann |
Beisitzer | Hermann Timp |
Leutnant | Theo Fink |
Leutnant | Karl Kostenhorst |
Leutnant | Josef Jansen |
Leutnant | Karl Opsölder |
Feldwebel | Karl Peters |
Feldwebel | Heinrich Baumann |
Feldwebel | Ed. Ditters |
Fahnenoffizier | Theodor Helling |
Fahnenoffizier | Heinrich Peters |
Fahnenoffizier | Cornelius Vos |
Aus Gesundheitsgründen stellte der 1. Vorsitzende Heinrich Opsölder im Jahre 1923 sein Amt zur Verfügung. Nachfolger wurde sein bisheriger Stellvertreter Theodor Art.
1924 wurde das Schützenfest erstmals in einem großen Festzelt gefeiert, das beim Rittmeister Heinrich Hübers an der Empeler Straße aufgebaut und sehr schön geschmückt war. Die Festtage begannen mit einer Feierstunde am neuen Krieger-Ehrenmal im Stadtgarten. Dieses Ehrenmal war am 18. November 1923 eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben worden. Unser Schützenerein war zu dieser Feier in eindrucksvoller Stärke vertreten und hatte für den An- und Abmarsch das Millinger Tambour-Corps verpflichtet. Hier am Ort bestand noch kein Spielmannszug. Dieser wurde erst im Frühjahr 1924 gegründet, besteht noch heute und ist bei all unseren Vereinsveranstaltungen stets mit von der Partie. Die Leitung dieses Tambour-Corps ist von Vater Fritz Roos auf Sohn Erwin übergegangen. Demnach haben Vater und Sohn bisher 72 Jahre lang den Reeser Spielmannszug angeführt.
Beim Schützenfest 1925 stand ein großes Zelt auf dem Festplatz der Gaststätte Steinbach. Aus Anlaß der Standartenweihe zeigte sich der Reiterzug unter Führung des neuen Rittmeisters Wilhelm Hülsen in neuer schmucker Uniform.
Als Hemmnis in einer gedeihlichen Fortentwicklung des Vereins wirkte die immer leidiger auftretende Lokalfrage. Nach Vergrößerung des vorhandenen Saales des Schützenbruders August Bettray gleubte die Ortsbehörde, die Standortfrage zur Abhaltung großer Festlichkeiten gelöst zu haben. Offensichtlich wurde hierbei aber nicht die Mitgliederstärke des Feldmarker Schützenvereins in Erwägung gezogen. Weil die Ortsbehörde die Genehmigung zur Aufstellung eines Zeltes innerhalb der Stadtgrenzen anläßlich der Feier des Schützenfestes 1927 versagte, wurde kurzerhand ein großes Festzelt auf der Wiese des Herrn Johann Kruse in der Gemarkung Groin erstellt. Nun kam es zum Eklat: Statt des reeser Bürgermeisters wurden die Groiner Gemeindevertreter Streuff und Nakath als Festgäste eingeladen, die auch erschienen und freudigen Herzens an den Festlichkeiten teilnahmen. Aber auch dem Vereinswirt der 1. Kompanie – August Bettray – war durch leere Versprechungen, die höhreren Orts nicht eingehalten werden konnten, übel mitgespielt worden. Und so kam, was kommen mußte. Aus nicht mehr eindeutig festzustellenden Gründen trennte sich 1927 die 1. Schützenkompanie vom Stammverein. Sie gründete einen neuen Verein unter dem Namen „Bürgerschützenverein Rees-Feldmark, Groin und Bergswick“. Als Vereinslokal wählte man die Restauration Bettray. Der alte Verein blieb weiterhin in seinen bisherigen Vereinslokalen.
Bis zum Ausbruch des II. Weltkrieges hatten wir es nun in der Feldmark mit zwei Schützenvereinen zu tun. Zweimal im Jahr wurde nun Schützenfest gefeiert und zwei Feldmarker Könige residierten jeweils mit ihrem Hofstaat nebeneinander. Dem jungen Verein schloß sich der ebenfalls nach dem I. Weltkrieg gegründete Schützenverein „Tell“ im Jahre 1935 als „Tell-Kompanie“ an.
Dem Allgemeinen Schützenverein Rees-Feldmark, Groin und Bergswick gelang in dieser kritischen Zeit die Errichtung eines modernen Schießstandes auf dem Grundstück des Schützenbruders Peters an der Empeler Straße. Er wurde an den Schützenfesttagen 1931 seiner Bestimmung übergeben.
Der bisher freiwillige Schießsport erhielt nach und nach einen höheren Stellenwert im Vereinsleben. Die Gleichschaltung aller „Wehrsport“ treibenden Vereine ließ auch die Schützenvereine nicht unberührt. Das fröhliche Vereinsleben rückte zu Gunsten der „Ausbildung an der Waffe“ in den Hintergrund. Zwangsweise überführt wurden unsere Schützenvereine 1936 in den „Reichsverband für Leibesübungen“ und 1937 in den „Deutschen Schützenverband“. Begriffe, wie wir sie bis dato nicht kannten, finden wir plötzlich im Vereinsleben wieder. „Kampfmannschaft“ – „Fernwettschießen“ – „WHW-Opferschießen“ sind nur einige, die immer häufiger in der Chronik des Vereins der Jahre 1935 bis 1939 auftauchen.
Im Jahre 1932 wurde im Allgemeinen Schützenverein Rees-Feldmark bereits eine Jungschützen-Gruppe gebildet, in der sich auf Anhieb 20 junge Mitglieder im Alter von 16 bis 25 Jahren zusammenfanden.
Der Jugend gefiel das Hantieren mit der Waffe. Wen wundert’s daher, daß die Jungschützengruppe unseres Vereins sich einer großen Beliebtheit erfreute. Dies umsomehr, als 1938 eine Kleinkaliber-Schießgruppe gebildet wurde. Nur allzubald sollte aus diesem Spiel jedoch bitterer Ernst werden. Noch ahnte in diesen Jahren niemand, welchem Zweck die vom Nationalsozialismus betriebene staatliche Förderung dieser „vormilitärischen Ausbildung“ diente.
Die Jungschützen-Gruppe feierte in unserem Verein auch ihre eigenen Feste. Noch im Jahre 1939 wurde am Inselgasthof Nass in Grietherort ein tolles Schützenfest mit Vogelschießen veranstaltet. Hierbei wurde Alwin Alipaß Jungschützenkönig, der sich Frl. Maria Merissen zur Königin erkor.
Der Ausbruch des II. Weltkrieges im September 1939 brachte die Vereinstätigkeit größtenteils zum Erliegen. Unsere jungen Mitglieder wurden zur Wehrmacht einberufen und mußten viele Jahre auf allen Schlatfeldern ihren Dienst zum „Wohle des Vaterlandes“ verrichten. Viele von ihnen sollten die geliebte Heimat nie wiedersehen. Sie ruhen in fremder Erde, weitab von zu Hause und erwarten dort den Tag der Auferstehung.
Die in der Heimat Verbliebenen, meist ältere Mitglieder, widmeten sich der Betreuung der zum Kriegsdienst einberufenen Schützenkameraden durch Versendung von Liebespäckchen an die Front und häufig der manuellen Unterstützung derer Angehörigen in der Feldmark bei Feld- und Gartenarbeiten.
Das letzte Schützen-Königspaar beim Allgemeinen Schützenverein waren Ernst Tepaß mit Frl. Maria Böing. Beim Bürgerschützenverein residierten zuletzt Robert Nienhuysen und Frau Adelheid Drommelschmidt. In der Chronik des Allgemeinen Schützenvereins sind in den Jahren 1940 und 1941 noch insgesamt vier Versammlungen aufgezeichnet, auf denen jedoch nur bedeutungslose Regularien zur Sprache kamen. Der unselige Krieg hatte mittlerweile auch die Zivilbevölkerung daheim voll und ganz erfaßt. Fragen des Überlebens waren nun wichtiger geworden als das Feiern fröhlicher Schützenfeste.
In diesem gnadenlosen Völkerringen hat auch unsere Heimat in den letzten Kriegstagen noch ihren Tribut über Gebühr zahlen müssen. Nach zwei gewaltigen Bombenangriffen der Royal-Air-Force am 16. und 24. Februar 1945, in deren Verlauf fast die gesamte Reeser Innenstadt in Schutt und Asche versank, vernichtete ein mörderisches Trommelfeuer beim Rheinübergang der Alliierten den Rest der noch intakten Bausubstanz unserer Vaterstadt. Auf einer Breite von 40 Kilometern belegten rund 3.500 Geschütze aller Kaliber von Rheinberg bis Niedermörmter stundenlang das rechte Rheinufer mit einer bis dahin nicht gekannten Feuerwand und brachten Tod und Verderben über die rechtsrheinischen Städte und Dörfer.
Nach der Eroberung von Rees durch die Allierten war unsere schöne Stadt zu 86% zerstört – dem Erdboden gleichgemacht. Das „Schatzkästchen am Niederrhein“ gab es nicht mehr.
1949 – Die Wiedergeburt des Feldmarker Schützenvereins:
Nach dem totalen Zusammenbruch im Frühjahr 1945 fand die in den Schreckenstagen zum größten Teil evakuierte Bevölkerung aus Stadt und Feldmark bei ihrer Heimkehr eine verwüstete und trostlose Heimat wieder. Unseren nach und nachaus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrenden Vätern und Bürdern erging es nicht anders. Wofür hatten sie nun jahrelang die größten Opfer auf sich genommen?
Es dauerte eine geraume Zeit, bis die überall festzustellende Lethargie überwunden war. Die Sorgen der Zurückgekehrten galten zunächst vordringlich dem Wiederaufbau der zerstörten Heimat. Aber das Leben geht trotz aller Not und allen Elends weiter. Wer erinnert sich heute noch daran, wie die Menschen es damals geschafft haben, trotz gewaltiger Entbehrungen wieder eine intakte Gemeinde zu erstellen? Bürgerschaft und verwaltung haben in dieser Anfangszeit Unglaubliches geleistet. Und es gelang! Allmählich kam wieder Ordnung in das Chaos. Nach und nach regte sich auch wieder das Interesse an Entspannung und Geselligkeit. Allerseits wurde der Versuch unternommen, dem Vereinsleben wieder einen Inhalt zu geben.
Die strengen Bestimmungen der damaligen britischen Militärregierung, welche einer Wiederzulassung nicht-konfessioneller Schützenvereine entgegenstanden, ließen es zunächst nicht zu, daß die Reeser Schützenvereine sich wieder konstituieren konnten.
Erst am 10. Juli 1949 versammelten sich nach Einladung des Schützenbruders Paul Jansen etwa 40 Bürger aus der Feldmark im Lokal Brauer-Tekaat, um die Wiedergründung eines Schützenvereins zu diskutieren. Von allen Anwesenden wurde ein solches Vorhaben gutgeheißen.
Die Sitzung über die Wiedervereinigung beider Feldmarker Vereine fand am 27. August 1949 statt. Mit allgemeiner Zustimmung erhielt der neue Verein den Namen: „Bürgerschützenverein Rees-Feldmark, Groin und Bergswick“
In der ersten Mitgliederversammlung am 11. September 1949 wurde der neue Vereinsvorstand gebildet, wobei einstimmig Josef Jansen zum ersten und Heinrich Rossmöller zum zweiten Vorsitzenden gewählt wurden. Major wurde Karl Peters, Hauptmann Heinrich Verhoeven und Leutnant Paul Arts. Das erste Schützenfest wurde vom 28. – 30. Mai 1950 in einem Festzelt des Gastwirts Josef van den Hövel gefeiert. Es stand unter dem Motto „Alle wieder unter einem Hut“. Ein Schießen mit Gewehr erlaubte die damalige Militärregelung noch nicht. So mußte der erste Nachkriegs-Schützenkönig durch Armbrust-Schießen ermittelt werden. Schützenkönig wurde nach gezieltem Schuß Wilhelm Becker, der sich Frau Wihelmine Opsölder zur Königin erkor.
An dem großen Festzug durch die Feldmark beteiligte sich wieder ein ansehnlicher Reiterzug unter Führung des Rittmeisters Johann van de Locht. Vereinsfahne und Reiterstandarte, die den Krieg überlebt hatten, wurden im Festzug mitgeführt.
Nach den leidvollen Jahres des Krieges eröffnete dieses glanzvolle Schützenfest wieder den Reigen künftiger schöner Vereinsfeste in den kommenden Jahren.
Über das Abholen der Thronpaare im nächsten Jahr wollen wir lieber den Mantel des Schweigens decken. Die Bewirtung der Schützenbrüder an der Wohnung des Königs war so reichhaltig, daß Musik und Bataillon nur unter äußerster Kraftanstrengung beim Rückmarsch das Festzelt wieder erreichten.
Das Schützenfest 1951 wurde in einem Festzelt bei der Gaststätte Steinbach gefeiert. Erstmals durfte wieder mit scharfer Munition auf den Vogel geschossen werden. Nach langem erbitterten Wettkampf errang diesmal der 2. Vorsitzende Heinrich Roßmöller die Königswürde, nachdem er dem Rest des Vogels den Garaus gemacht hatte. Zur Königin erkor er sich Frau Lisa Lieving.